Ein Blick zurück -2013

Liebe Freunde und Sympathisanten,
Ein ereignisreiches Jahr 2013 liegt hinter mir, mein Leben wird nicht langweilig.
Bevor ich traditionell auf die Insel verschwinde, möchte ich noch einmal mit Euch zurückblicken.

Das Jahr beginnt, mit dem inhaltslosen Singsang der unauffälligen Kanzlerin.

Am 21.01.13 wird das Video zu „Vor den Kathedralen“ vom Album  „Freiheit“ veröffentlicht.
Wer hätte gedacht, daß man uns im  Jahr 2013 zwingen wird  über FREIHEIT noch einmal
und vor allem ganz anders nachzudenken.

Das Dschungelcamp wird für den Grimme-Preis nominiert und Pferd wird in Lasagne nachgewiesen, eklig.

Ein Papst tritt zurück. Der deutsche Boulevardjournalismus trauert, ein lichter Moment im sehr dunklen Februar. 

Auf einer Insel, fern vom europäischen Niedergang, lese ich „Wer regiert die Welt“ von Ian Morris.
Die Großen Imperien verenden an ihrer eigenen Größe und Macht.

Die L-IZ zitiert mich in der Headline zu einem Interview mit mir:
„Die letzte Revolution heißt Evolution“, wie auch immer, so wird und kann es nicht bleiben.

Am 02. März beginnt die Tour mit einem furiosen Konzert in Halle,
die Arbeiten am neuen Album machen mich hoffnungsvoll und enthusiastisch.

Steinbrück heißt der Kanzlerkandidat der SPD, sein Fehlstart ist spektakulär
und über jedem Zweifler erhaben, schwebt massig der Wissende, Gabriel.

Für den süßen Brei aus Kochshows, Krimis und Laberpalavern wollen uns die Staatsmedien zwingen
noch Tiefer in die Tasche greifen. Die Wahrheiten leichtverdaulicher zu machen, wird immer teurer.

In Portugal und Spanien wird man laut gegen das übermächtige und immer reicher werdende Deutschland
und in Syrien ruft das Volk nach Freiheit.
1990, im Rahmen einer Tournee, habe ich diese Land ein wenig kennenlernen dürfen,
es war so wunderschön, so beeindruckend.
Ich hatte das Gefühl, daß es dort keinen Quadratzentimeter ohne ein Stück Menschheitsgeschichte gibt
und ich begegnete Menschen mit tiefverwurzelter Herzenswärme.
All das wird nun zerstört.

Im April kämpfen wir um das Recht auf Wasser, gegen Konzerne wie Nestlé.
Nach den Ölkriegen wird für Wasser gemordet werden.

Ich erlebe fantastische Konzerte, schreibe an neuen Songs und gehe in einer neuen Liebe auf.
So oft es geht stelle ich neue Konzertprogramme zusammen.
Hole Lieder aus der Erinnerung zurück, erfinde sie neu.

Am 30. April stehe ich mit 7000 anderen Menschen auf dem Markplatz in Halle
um gegen den Abbau von Bildung und Kultur in Sachen-Anhalt zu protestieren.
Mein Statement an diesem Tag dazu:
„… 7000 IN HALLE … klares Signal aus Halle an die Regierenden in Magdeburg …
macht den Job für den wir euch bezahlen in unserem Sinne …
holt euch das nötige Geld dort wo es unverdient zuviel davon gibt …“. 

Der Wahlkampf zeigt sich von seiner komödiantischen Seite,
die Kanzlerin versucht in einschlagenden Frauenzeitschriften zu menscheln
und philosophiert über den ersten Augenkontakt, als ob Männer nur aus Augen bestehen.

Im Mai entschließe ich mich den guten Lauf der Konzerte zu nutzen und ein Livealbum aufzunehmen.
Ich habe das Gefühl, es geht etwas zu Ende um für Neues Platz zu machen.
Ich möchte diesen Moment festhalten. Auch ein neues Studioalbum soll es im März 2014 geben.
Wie werde ich das schaffen? Egal, ich hab es immer geschafft.

Nach einem völlig absurden Schauspiel, in dem es um nichts anderes als Sitzplätze für Journalisten geht,
beginnt der NSU- Prozeß. Nicht nur Naziterror und Rassismus gilt es zu verurteilen,
sondern auch das Versagen der deutschen Sicherheitsbehörden.

Am 21.05.13 sing ich, auf einer der vielen Demonstrationen gegen den Abbau von Kultur und Bildung
in Sachsen- Anhalt vor der Leopoldina in Halle,
„Vor den Kathedralen“, nachdem ich unter anderem folgende Worte loswerden muß:
„Es fehlt wiedermal an Geld, Geld für Kultur und Bildung.
Doch unser Geld ist nicht weg unser Geld haben die Anderen.

Hunderte von Millionen, verbrannt in Größenwahnprojekten.
Für immer verschenkt zur Rettung krimineller Banken
an deren Gewinnen wir jedoch nie beteiligt sein werden.

Kein Theater, keine Universität dürfte ungestraft so wirtschaften.

Kultur und Bildung sind die Fundamente unserer Freiheit.

Deshalb ist diese, seit Jahren andauernde Raubbaupolitik,
anmaßend und volksfern“

Im Juni kommt das Wasser und steigt in meiner Heimatstadt Halle so hoch wie seit 400 Jahren nicht, auf 8,10 m.
Ich werde dabei an 2002 erinnert. Nach der Flut versprach die Politik damals sehr schnell, nachhaltige Konzepte zum Hochwasserschutz umzusetzen, ökologisch sollten sie sein, den Flüssen ihren Raum zurückgeben. Nur ein kleiner Bruchteil der Pläne wird bis 2013 realisiert.
Das Internet wird im Juni 2013 zum Neuland erklärt, doch die Raute weist uns den Weg.
Der Wahlkampfzirkus machte sich auf, zu den Deichen und Dämmen um Wähler zu fischen.
Für die Fluthelfer gibt es viel, sehr viel Dank mit sehr betroffener Miene, aber davon wird die Wand nicht trocken.
Kein Wort der Entschuldigung für eine verfehlte Umweltpolitik, kein Eingeständnis der Versäumnisse seit 2002,
keine tragfähigen und vor allem glaubwürdigen Konzepte zum Hochwasserschutz.
Wie zum Beweis für diese Verantwortungslosigkeit verbringen viele Flutopfer ihr Weihnachten 2013
in Notunterkünften, vergessen von den Medien, belogen von der Politik.

Ich muß helfen, mit meinen Mitteln und Fähigkeiten. Ich habe in den letzten Jahren viele Erfahrungen auf Benefizkonzerten sammeln können. Deshalb entschließe ich mich ein Konzert für das Peißnitzhaus in Halle zu organisieren, eine der wichtigen, alternativen Kulturinseln der Stadt hat es besonders hart getroffen. Ich habe drei Wochen Zeit um 8 Bands auf eine technisch dafür geeignete Bühne zu stellen, die von einer kompetenten Crew betreut wird. Natürlich braucht ein so großes Festival auch genügend Toiletten, Bierwagen, Fresstände usw. und niemand wird damit Geld verdienen. Ohne die Hilfe vieler halleschen Freunde und den Leuten vom Peißnitzhaus e.V. wäre das nicht zu schaffen gewesen. Über 2000 Leute kommen um mit ihren Spenden direkt zu helfen.
Am Ende spielte das Konzert ,„Rettet die Insel“ am 07.07.2013, die Summe von 11194,71 € ein.

Am 03. Juli sind meine Gedanken bei Edward Snowden, der alles aufgab um der „freien Welt“ zu beweisen wie vergiftet ihre Freiheit ist: „Europa, erstarrt in feigem Gehorsam. Die Doppelmoral gibt Snowden zum Abschuß frei. Die „freiheitliche Demokratie“ verkommt einmal mehr zur Lüge.“

De Maizière schenkt seinen Freunden in den Waffenschmieden 600 Millionen Euro für eine Drohne die zum „moralischen“ Töten, aus technischen Gründen, nicht freigegeben werden kann. Kein Grund für einen Rücktritt.

Ja, und das Steuerproblem von Hoeneß? Besser erst nach der Wahl. Die Piraten verlieren sich im Streit um die richtige Takelage und die AfD zappelt sich ins Licht der Wahlkampfarena. Der kindliche König Philipp verliert beim Murmeln die letzen Prozentpunkte der FDP.

Am 01. August gewährt Rammstein dem schwarzbraunen Heino ein bißchen Wacken und Rußland, Pussy Riot sind immer noch nicht frei, dem Whistleblower Edward Snowden Asyl. In Deutschland gibt es keinen Platz für Demokraten wie Snowden, keine Dankbarkeit für Helden, kein Asyl. Der deutsche Innenminister Friedrich, wird später sagen: „Edward Snowden ist kein politisch Verfolgter“. Kanzleramtsminister Pofalla erklärt schon am 12. August die NSA-Affäre für beendet. Daß unsere Grundrechte verletzt werden, daß Freiheit an Totalüberwachung stirbt, interessiert die deutschen in der Mehrheit bis zum heutigen Tage nicht.

Ich sitze in der Glut des Sommers natürlich, wie in jedem Jahr, im Studio und beginne mit der Produktion des neuen Albums.Es fühlt sich alles gut und richtig an und macht riesigen Spaß. Der Sommer in Halle hat etwas mediterranes, ich genieße ihn in vollen Zügen.

71,5 Prozent der deutschen entscheiden sich am 22. September für den Tiefschlaf und gegen eine oppositionelle Kraft im Parlament. Die Sozialdemokraten unterliegen, fühlen sich aber für eine Rolle in der Opposition nicht oppositionell genug. Die FDP kann ab jetzt, und endlich, nur mit sich selbst Spaß haben.

Am 06. Oktober geht Radio Falkenberg das vorerst letzte Mal bei Corax auf Sendung, das ahne ich in diesem Moment noch nicht. Es wird eine wirklich schöne Sendung, ich mach das einfach zu gerne. Ein neues Livealbum ist längst überfällig.

Am 12. Und 13. Oktober wird das Konzertprogramm aufgenommen, so wie es sich in den letzten Monaten entwickelt hat. Der ganze Saal wird mikrofoniert, mehrere Kameras fangen die Bilder ein, eine sehr Aufwendige Produktion.
Ich will das beste Ergebnis und renne zwischen all den Baustellen hin und her. Am zweiten Tag, fühle ich mich schwach und ausgebrannt,doch auch das zweite Konzert geht gut über die Bühne. Am Abend nach dem letzten Konzerte merke ich im Freundeskreis an, wie leidensfähig doch der menschliche Körper sein kann.

Fünf Tage später, am Freitag dem 18. Oktober passiert das für mich Unbegreifliche, nur ein paar Minuten später
an einem anderen Ort hätte es mich ermordet. Die Liebe findet mich, erst im Krankenhaus komme ich wieder zu vollem Bewußtsein.
In dennächsten Tagen wird nach Ursachen gesucht und nichts wird gefunden. Ich habe zwischen den Untersuchungen sehr viel Zeit über diese Episode nachzudenken.
Ist das der Moment den ich schon im Mai erfühlt habe? Was geht zu Ende und was beginnt? Nun gut, was ist der Plan? Was muß der Plan sein? Der Plan muß es sein, keinen Plan zu haben!
Ich verabschiede mich von meinen Lastern, von Deadlines und ich trenne endgültig alle Verbindungen zu Menschen die nicht gut zu meinem Leben waren und sind, die mich öffentlich beleidigen für ein bißchen Beifall und Aufmerksamkeit heuchlerischer Claqueure.

Ich verlasse das Krankenhaus auf wackligen Füssen und weiß, ich muß so schnell wie möglich wieder auf die Bühne, denn ich bemerke die Angst davor. Angst darf man nicht wachsen lassen. Am 02. November steh ich in Magdeburg auf der Bühne und singe die ersten Töne mit unsicherer Stimme doch der Abend entwickelt sich zu einer sicheren Fahrt getragen von einem fantastischen Publikum. Ein Wochenende später in Marienberg überfallen mich Panikattacken während des gesamten Konzertes, ich halte durch und sie verschwinden an diesem Tag, fast spurlos, für immer. Mein alter Freund Toralf hilft mir in diesen Tagen. Er chauffiert den schlechtesten Beifahrer der Welt durch die Gegend, kümmert sich vor Ort um das Organisatorische, macht die Konzerte erst möglich. Die Liebe managt mein Leben in der Heimat. Ich bin so dankbar. So seltsam es klingen mag, auch für die Episode.
Mein Leben ist ein Anderes geworden und vor Allem ein Besseres.

Große Koalition? Ziehen die Sozialdemokraten das wirklich durch? Der Wille zur Macht kennt keine Skrupel.
Die SPD-Basis entscheidet sich für Harmonie und bleibt damit sich und ihrer Tradition treu.
2015 gibt es dann einen Mindestlohn oder besser das was die Inflation  davon übrigläßt.
Die Umverteilung von unten nach oben kann nun, völlig stressfrei für Finanzindustrie und Wirtschaft, weitergehen.
Ab jetzt wird durchregiert!

Die abgehörte Kanzlerin bleibt teflon und riskiert ein „Das geht gar nicht“ als hätte es Orwell nie gegeben.

Der große alte Mann des deutschen Kabaretts, der Unterwanderer, Dieter Hildebrandt stirbt am 20. November,
die Herrschenden werden ihn nicht vermissen.

Nelson Mandela stirbt am 05. Dezember. Ich begegnete einem der größten Kämpfer für die Menschenrechte, auf einem Kinderkongreß zum Thema Aidsprävention, 2000 in der Nähe von Sun City in Südafrika. Sein Mut hat mich mein Leben lang inspiriert.

Am 10. Dezember wird das Neue Theater in Halle für 48 Stunden besetzt, um vor der entscheidenden Landtagssitzung noch einmal Position gegen die geplanten Kürzungen zu beziehen. 23:55 beginne ich mein Solidaritätskonzert mit ein paar Worten an den anwesenden Oberbürgermeister von Halle und muß unter anderem feststellen: „Herr Wiegand, Sie kommen zu spät.“ Am nächsten Tag entscheidet sich der Landtag in Magdeburg für die Kürzungen zuungunsten der Theater in Sachsen-Anhalt. Am 12. Dezember wird von Matthias Brenner, dem Intendanten des NT, die freie Kulturrepublik ausgerufen. Der Kampf geht weiter.

Ich werde gebeten am 16. Dezember in der Sendung „Fakt ist“ beim MDR zum Thema Kinderarmut zu sprechen. Mir gelingt es leider nur ein paar mir sehr wichtigen Gedanken zu äußern, weiter komm ich nicht. Ein so wichtiges Thema sprengt einfach den Rahmen und die Möglichkeiten solch einer Sendung. Konstruktivität geht anders.

Endlich, Amnestie für Pussy Riot. Am 23. Dezember werden Marija Wladimirowna Aljochina und Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa aus dem Straflager entlassen. Auch die Greenpeace – Aktivisten der Arctic Sunrise können am 28. Dezember nach Hause gehen. Putin muß dem internationalen Druck nachgeben. Die Olympischen Spiele sind ein milliardenschweres Geschäft.
Der Chuck Norris des Moskauer Kreml‘s weiß was er dem IOC schuldig ist.
 

Das Nachdenken über Freiheit ist öffentlicher Raum. Freiheit ist ja nichts Erdachtes. Wie alles, was uns wertvoll ist, müssen wir auch für unsere und die Freiheit der Anderen streiten und kämpfen. Es macht mich glücklich etwas dazu beitragen zu können und vor allem das alles zu erleben.
Mein Leben wäre ärmer ohne all die Gedanken, die sich mit diesen Prozessen verbinden.
Wir brauchen weltweit ein gerechteres Wirtschafts- und Finanzsystem, Regulierung des Wachstums.
Die voranschreitende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich muß verhindert werden. Menschen sind kein Kapital. Die Politik muß sich selbst Glaubwürdigkeit verschaffen, durch mehr Transparenz und dem offenen Ohr an der Masse. Demokratie funktioniert nur mit einem Volk, das sich ernstgenommen fühlt und sich nicht zum Wahlvieh degradiert sieht.

Ich möchte mich für alle Begegnungen und Momente bei Euch bedanken, die Ihr mir 2013 geschenkt habt.
Für 2014 wünsche ich Euch vor Allem Gesundheit und Frieden.

Neue Konzerttermine sind online. Tourstart ist am 01.03.2014, natürlich in Halle.
http://www.falkenberg-musik.de/termine

Ich habe noch einen Wunsch für 2014.
Gibt es jemanden unter Euch, der diesem Eintrag zu mehr Inhalt verhelfen kann?
http://de.wikipedia.org/wiki/Ralf_Schmidt_(Musiker)
Danke im Voraus.

Ich würde mich freuen Euch zu sehen